Manchmal schreibe ich ganz gerne Geschichten, auch mal ein Gedicht ...
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Dienstag, 16. Februar 2010

Wer im Rampenlicht steht

Es ist nicht zu fassen! Wer im Rampenlicht steht, hat Mühe, das Publikum zu erkennen. Das hat mal der Schweizer Journalist und Schriftsteller Walter Ludin gesagt. Und wie recht er hatte! Wie sollte ich auch sehen können, dass meine Schwiegermutter in der ersten Reihe sitzt? Ausgerechnet in der Aufführung in der meine Schwiegermutterparodie am besten gelungen war. Muss ein Schauspieler nicht aus dem prallen Leben schöpfen? Wo soll ich heute Nacht schlafen? Ich kann doch nicht nach Hause fahren als wäre nichts gewesen – oder doch?
Wäre Bernd nur nicht in die Garderobe gekommen um mir Blumen zu bringen. Dann hätte ich nicht gewusst, dass die beiden heute hier waren, ich hätte wenigstens einen unbelasteten Heimweg, könnte in Gedanken den heutigen Erfolg noch einmal durchgehen und mich auf zu Hause freuen. Oder wäre er wenigstens vor der Vorstellung gekommen, dann hätte ich doch ganz anders gespielt! Hätte ich das?  Eigentlich nicht!  Ich mutiere doch wegen der Kuh nicht zur schlechten Schauspielerin! Wo ich mir die Rolle so sehr gewünscht hatte! Na ja, nicht unbedingt die Rolle der bösen Schwiegermutter, die romantische Heldin wäre mir schon lieber gewesen, aber dafür muss man ja mit dem Regisseur schlafen wie diese hässliche Schlampe von Hauptdarstellerin. Dazu bin ich mir wirklich zu schade.
Diese Schminkspiegel werden auch immer billiger und an der Garderobenbeleuchtung haben sie ganz schön gespart. Ein paar Glühbirnen mehr hätten nicht geschadet! Zum Glück bin ich mit meiner empfindlichen Haut nicht auf primitive Theaterkosmetik angewiesen, dafür sorgt mein Bernd schon. Ohne mein wohl gefülltes Beautycase betrete ich keine Theatergarderobe. Wozu hat man einen gut verdienenden Mann, wenn er auch nicht der allerschönste ist.
Dass seine heiß geliebte Mutter bei uns wohnen muss, ist allerdings nicht gerade das Gelbe vom Ei. Das ständige Herumschnüffeln und diese Besserwisserei gehen mir doch sehr auf die Nerven, zumal mein eigener Ehemann seine Mutter für ein Geschenk Gottes an die Menschheit und speziell an uns hält und natürlich keinerlei berechtigte Kritik gelten lässt.
Als ob ich nicht selber in der Lage wäre unseren Haushalt zu führen, abzuwaschen, die Wäsche zu waschen, zu bügeln, zu kochen, einzukaufen, Fenster zu putzen, den Garten zu pflegen, die Straße zu kehren und was sonst noch an Kleinigkeiten anfällt. Aber wenn sie unbedingt alles alleine machen will – wer bin ich, sie daran zu hindern.
Diese Parkplatzbeleuchtung spottet jeder Beschreibung! Irgendwann werde ich bestimmt überfallen, wenn nicht gar vergewaltigt! Ich muss ja mein Auto immer ganz in die Ecke stellen, weil ich mich so schäme! Bernd hätte mir doch etwas besseres kaufen können, als ausgerechnet diesen kleinen Asphaltpickel! Einen Mercedes oder BMW hätte ich schon als angemessen empfunden, aber jeden Samstagabend, wenn ich nach unserer langweiligen ehelichen Pflichterfüllung (zu der ich mich bewusst nur einmal pro Woche herablasse) danach frage, wiegelt der Olle ab.
 Zum Glück haben wir keine Kinder, ich will mir ja nicht die Figur ruinieren. Das ist für sie auch so ein Nörgelthema, das ewige Gebettel um wenigstens ein Enkelkind. Nicht dass sie sich das laut zu sagen getraut, aber die vorwurfsvollen Blicke auf meine Tamponschachtel wenn ich sie mal beim Reinigen des Badezimmers störe, die sprechen doch Bände! Ich fühle mich da immer regelrecht angeschrieen!
Dann noch das ewige Auf – Den – Knien – Rutschen! Man könnte bei uns vom Fußboden essen, aber wer will das schon. Ich steh doch eher auf das Meißner von der alten Schrulle. Wollte die mir doch einreden, das wäre nur für sonntags und wenn Besuch kommt. So was Spießiges! Wenn auch mal was runter fällt, mit meinen gepflegten Händen und Nägeln kann ich eben nicht so fest zupacken.
 Mal sehen ob ich nach meiner Supervorstellung heute Abendbrot kriege – eigentlich hatte meine geliebte Schwiegermutter ja den ganzen Tag Muße zum Essen kochen, aber vielleicht hat sie  auch wieder ihre Zeit mit der neuen Nachbarin verquatscht. Wie mir die Schwärmerei auf den Geist geht! Sie ist so nett, sie ist so kinderlieb, sie ist so reinlich, sie ist so fleißig, sie ist so hilfsbereit, sie ist so bescheiden und hübsch ist sie auch noch! Ich habe sie mir extra mal angesehen, als sie gerade die Treppe gewischt hat – hübsch, dass ich nicht lache! Unscheinbar, keinen Nagellack, keine Schminke, die Haare ungestylt und dann diese Schürze! Aber was soll man schon von Schwiegermama erwarten, die ist so naiv, ja unbedarft, der kann doch jede was vormachen.
Endlich! Den Wagen muss Bernd rein fahren, jedes Mal breche ich mir am Garagentor beinahe einen Fingernagel ab. Es duftet nach Pizza! Sollte die Alte endlich mal von ihren ewigen altmodischen Rezepten abgewichen sein und was Richtiges zum Abendbrot gemacht haben?

Da stehen die doch im Flur und empfangen mich mit einem Glas Champagner! Sie gratulieren mir zum tollen Auftritt. Ich fasse es nicht, da habe ich mir wegen denen völlig umsonst Sorgen gemacht!
War bestimmt nur billiger Schampus, so wie der nach Mandelaroma schmeckt. Sogar Fräulein Perfekte Nachbarin ist zum gratulieren gekommen, die hat sich ja aufgebrezelt, man könnte wirklich fast sagen, das sie hübsch aussieht. Schwiegermama sieht regelrecht glücklich aus. So habe ich sie das letzte Mal vor unserer Hochzeit lächeln sehen. Und was macht Bernd? Er schmachtet die Schürzenfee an und legt seinen Arm um beide Weiber. Was ist mit mir? Denen werd ich gleich …
Was mache ich auf dem Fußboden? Sehen die nicht, dass ich gestürzt bin? Warum eigentlich, ich hatte doch nur das Glas Begrüßungschampagner?
Ihr sollt mir helfen!
Na endlich! Nicht in den Flurteppich rollen! Die Fusseln versauen mir das ganze   ...

Nauenwitzer Neuste Nachrichten

Durch einen tragischen Unfall verstarb gestern plötzlich und unerwartet ein Mitglied des Nauenwitzer Laientheaters, Frau Rosemarie Welz, geb. Schand. Auf dem Heimweg von der diesjährigen Vorstellung für unsere Senioren im Gemeindesaal kam ihr Renault aus bisher ungeklärter Ursache von der Straße ab und stürzte in die Pleß.
Ihr Ehemann und ihre Schwiegermutter sind tiefbetroffen und stehen noch unter Schock. Auch sie haben keinerlei Erklärung zum Unfallhergang. Sie warteten zusammen mit der Nachbarin auf die Verstorbene, um gemeinsam ihren Auftritt zu feiern, als der Unfall geschah.

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